Kreta 22.9. bis 1.10. 2012
Socializing, wie es die Australier nennen, ist eine beliebte Beschäftigung unter Reisenden, die mit dem Wohnmobil unterwegs sind. Das Austauschen von Reisetipps und möglichen Stellplätzen ist zwar sinnvoll und gelegentlich lernt man dabei interessante Menschen kennen, aber vor allem können diese Gespräche richtig langweilig sein, wenn sie sich auf das übliche "Woher und Wohin und wie toll denn das Wohnmobil ist" beschränken.
Obwohl: So ein Wohnmobil kann erstens etwas über die Reisenden aussagen und ist zweitens natürlich auch ein guter Anknüpfungspunkt. Der Bus von Helga und Manfred war definitiv interessant genug um darüber zu reden, aber vor allem haben wir mit den beiden anregende und schöne Gespräche geführt.
Das originellste "Wohnmobil" hat ein Wiener, dem wir seit vielen Jahren immer wieder auf Kreta begegnen. Er ist jeden Herbst ein oder zwei Monate mit seinem VW-Golf auf der Insel unterwegs. Den Beifahrersitz hat er ausgebaut und statt dessen eine Matratze aufgelegt, hinten im Auto kocht und isst er. Gerne Packerlsuppe. Heuer ist er 90. Da unternimmt er nicht mehr ganz so viel wie früher, sagt er. Allerdings bezeichnet er den Weg auf den Pachnes, den wir mühsam bestiegen haben, als Spaziergang. Und meint das ganz ernst.
Sich durch die kretische Landschaft zu bewegen kann auf vielerlei Art beglückend sein. Man erlebt die Umgebung je nach Fortbewegungsmittel ganz unterschiedich. Natürlich erlauben Wanderungen eine große Nähe zur Natur und vermittelt Radfahren ein besonderes Gefühl für die Umgebung, aber die Landschaft lässt sich auch beim Autofahren gut erleben.
Da erschließt sich, wie abwechslungsreich Kreta ist. Vor allem aus unserem Wohnmobil, das nur langsam durch die Gegend zuckelt, lässt sich gut beobachten, wie die Landschaft vorbeizieht und und durch das offene Fenster weht der Duft der Kiefernwälder herein. Auf der Straße von Paleochora nach Sougia kommen wir durch einige kleine Orte, deren Bild allerdings, wie so oft in Griechenland, durch halbfertige Häuser getrübt wird.
Das ist natürlich die entspannendste Art zu reisen. Eine Fahrt mit der Fähre. In diesem Fall auch eine der schönsten Fahrten entlang einer Küste, die man überhaupt erleben kann. Sie führt von Sougia Richtung Osten. Diese Art zu reisen, die wohl zu den allerbequemsten gehört, nützen nur wenige Touristen.
Die meisten Passagiere sind Händler. Sie bringen Lebensmittel in die Orte, die die Fähre anläuft. Diese Hafenorte sind auf die Lieferungen angewiesen, weil sie mit dem Auto nicht erreichbar sind.
Nach Agia Roumeli, dem Ausgang der Samariaschlucht, und nach Loutro führt keine Straße. Allerdings sind die zwei Orte Stationen des Wanderwegs E4, der die Küste entlang führt und von der Fähre aus gut nachzuverfolgen ist.
Schließlich legt die Fähre in Chora Sfakia an, einem dieser kretischen Orte, die sich mit dem Tourismus, der dort recht intensiv ist, auf angenehme Art und Weise arrangiert haben. Im Gegensatz zu Sougia spürt man in Chora Sfakia, dass es auch ein Leben neben der Betreuung der Gäste gibt. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass in den Cafés und Tavernen auch Griechen sitzen, während in Sougia jeder Einheimische während der Saison damit beschäftigt ist, den Tourismus Gang zu halten.
Diese Piste ist wirklich rau. Sie wird nur von wenigen Hirten befahren, die mit ihren Pickups zu den Schafherden unterwegs sind. Wir sind in der Sfakia, eine der schönsten Gegenden Kretas.
Dass die Sfakia so unwegsam ist, ist auch der Grund dafür, dass sie nie erobert werden konnte. Die Venezianer konnten sie nie ganz unter ihre Herrschaft bringen und während der türkischen Besetzung war dieses Bergland ein Zentrum des kretischen Widerstands.
Ab und zu verirrt sich ein Tourist in einem Geländewagen hierher. Denn diese Straße führt hoch hinauf in die Lefka Ori, die Weißen Berge. Von Meereshöhe bis hinauf in 2000 Meter Höhe.
Die Berge wirken tatsächlich weiß, manchmal gehen sie in ein zartes Rosa über. Eine Art Mondlandschaft. Der Pachnes, den wir am nächsten Morgen besteigen ist 2453 Meter hoch. Ein Weg in atemberaubender Landschaft, wenn auch keine bergsteigerische Leistung. - Trotzdem ein Gipfelsieg, den wir am Abend noch ausgiebig feiern. übernachtungsplätze wie diesen findet man selbst in Kreta selten.
Die Fahrt zurück ans Meer nach Chora Sfakion ist anstrengender, als es der Anstieg auf den Berg war. 20 Kilometer lang werden wir durchgerüttelt. Unser Iveco hält tapfer durch.
Kretas Landschaft ist meist karg und oft schroff. Trotzdem ist sie, zumindest unterhalb der Baumgrenze, nicht abweisend, sondern wirkt eher sanft.
Das hängt mit den warmen Farben zusammen, die die Insel gleichsam weichzeichnen. Goldene Gräser, graugrüne Macchia, ockerfarbene Erde und das warme Grün der Tamarisken.
Natürlich sind auch die ausgetrockneten Pflanzen daran schuld, dass die Landschaft vor allem bis in den Herbst hinein gelblich getönt ist. Nur die Blätter der Olivenbäume glänzen silbrig-grau.