Prag Juli 2013

Prager Brauch

Halbleeres Bierglas

Das zweite Bier wird serviert, bevor der letzte Schluck des ersten getrunken ist. Kein Prager Kellner, der etwas auf sich hält, lässt seinen Gast auch nur eine Sekunde vor einem leeren Glas sitzen. Was für ein netter Brauch.
Vor allem bei über 30 Grad. Da die meisten tschechischen Biere nicht mehr als 3,3 bis 4 Prozent Alkohol haben und außerdem mit viel Schaum eingeschenkt werden, sind ein paar Biere weg wie nix.
Und gute Bierlokale finden wir in jedem Teil Prags. Versteckt im Schatten der Prager Burg, in kleinen, verschwiegenen Gassen oder hinter einer Zeile bezaubernder Jugendstilgebäude.


BierlokalVerschwiegene Gasse


JugendstilhäuserJugendstilhäuser


Kitsch und Kunst

Klimteier

Der Jugendstil, dem ja ohnehin oft eine gewisse Nähe zu Kitsch nachgesagt wird, wird in den Auslagen vieler Geschäfte in den Tourismuszentren Prags ganz von der Kunst befreit.

Wer sich für Klimt-Eier begeistern kann, schreckt wahrscheinlich auch vor den farbenfrohen Vasen aus Kristallglas nicht zurück. Im Vergleich dazu sind die angebotenen Luster gar nicht so übel. Wir suchen stattdessen originale Jugendstil-Luster und finden sie im ehemaligen Gemeindehaus von Prag, im berühmten Café Obecni Dum.


LusterKristallglas


JugendstilcafeJugendstilcafe3Jugendstilcafe2


Kafka und Lennon

KafkamuseumKafkahaus



Altes TorKafkadenkmal

Nicht jeder, der sich vor dem Kafkamuseum, einem der Kafka-Wohnhäuser oder dem Kafkadenkmal fotografieren lässt, hat auch Kafka gelesen. Das unterscheidet Franz Kafka von John Lennon. Jeder, der zur Lennon-Wall pilgert, kennt die Texte des Beatles.
Wahrscheinlich sogar der orthodoxe Jude, der mit seiner Jugendgruppe an der "Jesus liebt dich"-Graffiti vorbeispaziert.

Wobei Lennon selbst wohl nie in Prag war, aber seine Texte auf der Mauer in der Altstadt wurden in den 80er Jahren zum Symbol für zivilen Ungehorsam unter der kommunistischen Regierung.


LennonwallOrthodoxer Jude



Das Alter spielt bei den Lennonfans offenbar keine Rolle. An der Mauer treffen Mädchen, deren Mütter im Todesjahr John Lennons gerade auf die Welt gekommen sind, auf Bruno, einen Beatlesfan der ersten Stunde.

Junge Leute vor LennonwallBruno vor Lennonwall


Menschenmassen und einsame Orte


Wie praktisch, dass sich die meisten Touristen auf verhältnismäßig wenigen Plätzen sammeln. Auf der Prager Burg und auf der Karlsbrücke zum Beispiel. Es muss seltsam sein in einer Stadt zu leben, die dermaßen vom Tourismus bestimmt ist. Ich übernehme den Fotoapparat von Bruno und bemerke nach einiger Zeit, dass ich die ganze Zeit Touristen statt der Sehenswürdigkeiten knipse. Ich nehme die schönen Gebäude gar nicht mehr wahr.


Touristen fotografieren WachablöseTouristen vor Karlsbrücke


Touristen vor SehenswürdigkeitenTourist



Nur wenige Gehminuten vom Rudeltourismus entfernt finden wir im Stadtteil Neue Welt ein einsames, fast dörfliches Prag. Dabei sind diese stillen Orte, die wir auf dem Hradschin entdecken, keine Geheimtipps. Jeder gute Reiseführer schreibt darüber.


Dörfliches Prag1Dörfliches Prag 2Dörfliches Prag3


Dörfliches Prag4Dörfliches Prag5



Manchmal können Flecken, zu denen tagsüber Busse mit Touristen gekarrt werden, am Abend einen eigenen Zauber entfalten. Die Goldene Gasse etwa liegt dann ganz verlassen da. Noch wenige Stunden zuvor war in ihr wegen der Menschenmassen kein Durchkommen.


Goldene Gasse1Goldene Gasse2


Prag im Abendlicht1Prag im Abendlicht2


Hinaufschauen


SynagogeVillenfenster


Burg1Burg2


Domfiguren1Domfiguren2


Hinunterschauen

Dächer1Dächer2


Dächer3Dächer4


Fassaden


Fassaden1Fassaden2


Fassaden3Fassaden4


U-Bahn und Limousine


Limousine

Noch nie haben wir in einer Stadt so viele Stretch-Limousinen gesehen wie in Prag. Neben den üblichen Exemplaren von Mercedes und Cadillac gibt es hier noch Blöderes von Hummer.

Wir ziehen Straßenbahn, Bus und U-Bahn vor. Das funktioniert meist ganz ausgezeichnet. Außer, die Schienen in einem ganzen Stadtteil werden erneuert. Dann ändern sich sämtliche Fahrstrecken und alle Haltestellen werden verlegt. Und darum sitze ich eines Nachmittags erschöpft in der Hitze im Nirgendwo am Straßenrand. Wir wissen nicht mehr weiter.

HaltestelleUbahn



Schließlich kommt doch noch irgendein Bus. Der hält zwar auch an einer lauten, staubigen Straße, aber von hier aus sind wir innerhalb weniger Minuten in einem Naturpark. Das Tal Divoka Sarka, das direkt neben dicht bebauten Stadtteilen im Nordwesten von Prag liegt, könnte auch irgendwo auf einer griechischen Insel sein. Umgeben von hochaufragenden Felsen entdecken wir schließlich ein Schwimmbad, das von eiskaltem Flusswasser gespeist wird.


SchwimmbadFelslandschaft



Der Abend in Prag

In der Altstadt gehen die Lichter an, die Tagestouristen sind abgefahren, viele Besucher ziehen sich in ihre Hotels zurück. Auf der Prager Burg hat schon alles dicht gemacht, die Museen sind geschlossen, auf der Karlsbrücke flanieren noch einige Spaziergänger. Im Garten eines Bierlokals fragt der Kellner, ob er die nächste Halbe bringen darf. Das Glas ist nur noch zu einem Viertel gefüllt.



Bruno mit BierPrag am Abend