Schweiz 2020

Überholspur

Fahrt

Auch wenn wir auf der linken Spur fahren, - dieses Mal sind wir nicht in Australien unterwegs. Wir sind auf der Überholspur! Das neue Basisfahrzeug für unser Wohnmobil ist ein MAN Allrad. Ein MAN TGE. Wir gendern und nennen sie woMan.

Noch nie hatten wir ein Wohnmobil, das locker über 100 km/h fährt und auch bergauf kaum langsamer wird. Wir haben es nicht eilig, wenn wir reisen und deshalb war uns Geschwindigkeit auch nie wichtig. Aber es ist schon toll, wie sie dahingleitet. Wie sie LKW überholt und dabei kaum Lärm macht

Und weil es so schön ist, fahren wir nicht, wie geplant, bis Wattens in Tirol, sondern verlängern unsere erste Fahrt bis auf den Reschenpass.


Die neue Gefährtin

Wolkenstimmung

Auf unsere neue Gefährtin haben wir die alte Wohnkabine gesetzt. Sie passt wunderbar auf das Fahrgestell. Der alte Iveco wartet noch auf einen neuen Besitzer.

Jetzt können wir in dem alten, vertrauten und bewährten Raum leben, in dem wir schon fast drei Jahre auf Reisen gelebt haben und gleichzeitig den Komfort eines neuen Wagens genießen.

Das Corona-Virus hat unsere erste Reise mit woMAN immer wieder verzögert. Geplant war eigentlich eine längerer Fahrt, aber wir sind glücklich, dass wir jetzt zumindest in die Schweiz und nach Italien fahren können.


Umbau

Umbau


"Ich bleibe hier"

Kirchturm Reschensee

In Südtirol, unweit der Grenze, finden wir einen Stellplatz direkt am Reschensee. Als ich spät am Abend im eBook-Reader ein neues Buch öffne und auf das Cover blicke, erkenne ich den Kirchturm wieder, der aus dem Stausee ragt, an dem wir übernachten. Das Buch „Ich bleibe hier“ von Marco Balzano erzählt die Geschichte dieses Stausees und des versunkenen Kirchturms. Ich wusste das vorher nicht; es ist purer Zufall, das wir hier gelandet sind.

Am nächsten Morgen ziehen wir weiter. Durch hübsche Südtiroler Dörfer mit schönen, alten Häusern gelangen wir zu einem kleinen Grenzübergang, der uns in die Schweiz bringt.

Der Campingplatz, auf dem wir unsere Freunde treffen wollen, liegt knapp einen Kilometer von der Grenze entfernt in einem hübschen Tal, dem Val Müstair. Ein großer, ruhiger Platz, umgeben von Bergen, die bis dreitausend Meter hoch sind. Zwar fühlen wir uns auf Campingplätzen selten wohl, aber hier finden wir eine Stelle auf einer großen Wiese, die uns viel Abstand zu anderen Campern und die Sicht auf schneebedeckte Berge ermöglicht.

 


Sensenmann

Eine erste kleine Wanderung. Ein paar Hundert Höhenmeter am Abend. Dass unser Freund den Sensenmann gibt, ist ausschließlich dem schönen Motiv geschuldet. Obwohl er mit dem Gerät angeblich sogar mähen könnte.


Ziege Sensenmann


Alm1 Wanderung

Corona-Schwester

Coronablume

Der öffentliche Bus, der uns zum Ausgangspunkt einer Wanderung bringt, ist voll besetzt. Wir sitzen eng und obwohl alle Masken tragen, beschleicht uns ein mulmiges Gefühl. Reisen in Corona-Zeiten. Eine Blüte, die dem Virus gleicht, taufen wir Corona-Schwester.

Wie schön, dass es trotz Covid-19 für uns möglich ist, das Leben beim Wandern zu feiern. Wir sind dazu in der richtigen Gegend.

Allein im Val Müstair (Münstertal) gibt es sechzig beschilderte Wege. Ein Wander-Schlaraffenland in einem Biosphärenreservat und Nationalpark.


Burg Wanderung


Kirchenwanderung1 Kirchenwanderung2


Sgraffito

Sgraffito

Die altmodische Form von Graffiti ist im Engadin das Sgraffito. Hier wird nicht gesprayt, sondern geritzt. Das Verzieren von Hauswänden ist keine Erfindung der Graffiti-Sprayer unserer Zeiten.

Seit der Renaissance wird hier in den Kalkmörtel geritzt. Die Fassadendekorationen, die so entstehen, zieren in dieser Gegend alle alten und etliche neue Häuser.

Dieser Ritzputz umrahmt auch die Trichterfenster, die man hier überall findet. Die Schrägstellung der Mauern sorgt für maximalen Lichteinfall. Das ist in einer Gegend, in der die Winter lang und hart sind, nicht unwesentlich.


Sgraffito Sgraffito



Haus Haus



Haus Haus


Wilde Kühe

Kuhherde

Wenn sie uns nur neben uns hertraben und uns auf dem Weg begleiten ist es ja in Ordnung. Aber auf unserer Wanderung vom Ofenpass nach ist das Verhältnis der Kühe zu den Wanderern nicht immer klar.

Einmal liegt ein Kalb auf der Wiese, die wir queren wollen und wir müssen fürchten, dass die Mutterkuh ihr Junges vor uns schützen will. Ein anderes Mal senkt eine Kuh ihr Haupt um unsere Freundin aus dem Weg zu räumen.

Als eine ganze Herde den Pfad versperrt, wagen wir es, an ihren großen Hinterteilen vorbeizuschleichen, kommen aber glücklicherweise mit etlichen Schwanzschlägen davon.



Alm Alm



Alm Alm


Weltkultur

Das mittelalterliche Kloster St. Johann der Benediktinerinnen in Müstair ist UNESCO Weltkulturerbe. Auf unserem Weg durch die alten Gemäuer entdecken wir Dankes- und Bittbriefe von Gläubigen in der Kapelle. Darüber schaurige Nachbildungen von Armen und Beinen. Sehr schräg. Der Klosterladen ist allerdings perfekt: Käse und Birnenbrot. Teuer und gut.


Klosterkirche Dankesbezeugungen


Sonnenuhr Kloster

Teure Schweiz

Ohne Strom wäre es vielleicht nicht so lustig, aber mit E-Bikes ist das Radeln im Münstertal und im angrenzenden Südtirol ganz wunderbar. Wobei in Südtirol auch das Essen leistbar ist. Im Gegensatz zu der Schweiz, wo wir jeden Tag gemeinsam kochen.


Radtour Kochen


Venedig - Menschenleer?

Markuskirche

Nein, menschenleer wäre übertrieben. Aber wegen der Angst vor Corona sind nur sehr wenige Touristen in Venedig. Den Markusplatz haben wir bisher nur einmal, damals spät in der Nacht, so ruhig erlebt.

Hauptsächlich sind es italienische Touristen, die das Wochenende für einen Kurzbesuch nützen. Deutsche, ein paar Österreicher, eine Handvoll Amerikaner, aber zum Beispiel keine Kreuzfahrtpassagiere auf Landgang.

Die leeren Tische im Florian und anderen Cafés und Bars zu erleben, hat natürlich auch etwas Tauriges, aber Tristesse passt ja sehr gut zu dieser Stadt.



Campanile Markusplatz



Lokal Florian


Stressfrei

Durch die vielen Touristen, die sich zu normalen Zeiten durch die schmalen Gassen drängen, hat Venedig überlicherweise durchaus einen gewissen Stressfaktor. Dieses Mal ist es völlig entspannt durch die Stadt zu schlendern. An besonders engen Stellen ist es nicht immer leicht Abstand zu halten, aber die meisten Touristen versuchen doch einander auszuweichen. Am Geländer der Rialtobrücke stehen keine Asiaten, um Selfies zu machen. Die Gondoliere haben kaum Arbeit und bieten deshalb Fahrten zu Dumpingpreisen an, was ein deutsches Paar nicht davon abhält, trozdem zu feilschen.


Rialto Gondoliere


Lagune

woMAN

So entspannt, wie in der Stadt ist es zur Zeit auch auf dem Campingplatz in Punta Sabbione. Ganz allein steht woMAN hier, wo normalerweise um diese Zeit, immerhin Hochsaison, kaum ein Platz zu bekommen ist.

Vermutlich wird es in einigen Wochen, wenn Ferragosto beginnt und die Italiener Ferien haben, voller werden. So wie es in anderen europäischen Ländern passiert, werden sie wohl heuer auch Urlaub im eigenen Land machen. Noch ist es nicht so weit und außerhalb des Wochenendes haben wir die Radwege in der Lagune noch weitgehend für uns allein.


Lagune Lagune



Lagune Lagune



Palmanova

Palmanova

Der Lockdown in Österreich im Frühling hat unser Weinlager dezimiert. Das darf nicht sein. Deshalb möchten wir bei unserem LinkWeinbauern im Friaul noch vorsorgen.

Auf dem Weg dorthin übernachten wir, wie so oft, in Palmanova und treffen uns dort mit einem Freund. Da wir Innenräume nach Möglichkeit meiden, und unsere Lieblingspizzeria in der Stadt keine Terrasse hat, gibt es Pizza aus dem Karton vor dem Wohnmobil. Dazu Frizzante vom Fass. Anstoßen auf Distanz.

Am nächsten Tag ist es nicht mehr zu vermeiden, drinnen zu sitzen. Die Mutter des Weinbauern lädt uns zum Essen ein. Es wäre frevelhaft, das abzuschlagen. Wir stoßen auf unser aller Gesundheit und ein Wiedersehen im Herbst an.


Anstoßen in Palmanova Beim Weinbauern